Dienstag, 14. August 2012

Nur ein Traum?

Ich träumte einstmals im maurischen Garten,
Übermannte mich doch beim freudvoll‘ Warten,
Der Gevatter Schlaft, der mich nicht wollte entbehren,
Umhüllte nebelhaft all mein bewusst‘ Begehren.
Unter Akazienhainen, die sahen Kreuz und Halbmond,
Flüsterte ins Ohr mir sanft die Gestalt; ihr Haar  war goldblond.

Ein lieblich‘ Land sah ich vor mir liegen,
Wie der Greif konnt‘ ich durch die Lüfte fliegen.
Doch die Erde zog mich gewaltig zu ihr hinab,
Zu einem schwarzen Felsen düster wie ein Grab.
Daselbst ein offen‘ Tor ich sah, aus alter Eiche,
Durchschritt es, fand mich in unbekanntem Reiche.

In einem weit‘ Gewölbe, von Fackeln erhellt,
Hat eines Geistes Stimme sich zu mir gesellt.
`Ich liebe meines Lebens qualvolle Stunden,
In der Pein hab ich manch‘ Süßes gefunden.
Wünsche ich sie auch mit aller Kraft hinfort,
So ist sie doch vielfacher Erkenntnis Ort.´

`S war meine eigne Stimme, die da sprach,
Die mit Gewalt meines Lebens Wunden aufbrach.
Angstvoll presste sich mein Herz an meine Brust,
Und fand nicht Erlösung von dem Frust.
Ich wünschte zutiefst mich fort,
Von jenem grässlichen Ort.

`Erkenn‘, des Lebens Wert und dass du sterblich bist,
Warst viel zu lange ein weidlicher Egoist!´,
Kam es erneut von der Stimme, der Gesellin.
Da erkannte ich der Worte tiefer Sinn:
Je mehr ich mich auf mich selbst verlegte,
Desto stärker sich das Ungemach regte.

Heilung findest du im Dienst an der Welt,
An den Menschen; nicht am Götzen Geld.
Was kann bestehen in der Wirklichkeit?
Ich sah wie Menschen, die galten als gescheit,
Sich in den Sumpf des Irdischen begaben,
Und darin waren bald kläglich begraben.

Einer Treppe folgte ich aufwärts in einen Hellen Saal,
Ich spürte, wie nachließ in mir der Seele Qual.
Dem Dunklen war ich nun entstiegen,
Doch das Licht mochte noch nicht obsiegen.
Die Flamme der Sünde sengte mich noch an,
Nach oben steigen wollt ich fortan.

Da verschwand all das dunkle Gemäuer,
Tageslicht erhellte das weite Land, das mir so teuer.
Nicht in dir selbst, sondern in der freien Natur,
Liegt der Seele heilsame Kur.
Verfang‘ dich nicht in der Introspektion
Tausend Dämonen plagen dich gar schon!

In ihrer Pracht und fruchtbar‘ Üppigkeit,
Erschien mir die liebliche Weiblichkeit,
Die Gestalt wie die einer flinken Gazelle,
Beine in geschmeidig vollendetem Modelle,
Brüste wie Quellen der Lebenskraft und schaute
Entzückt die lockende Michaelis-Raute.

Das Antlitz, das durch weißen Schleier war verborgen,
Trat mir entgegen nun unverhüllt, frei von allen Sorgen.
Meine Liebste war’s, die schönste aller Frauen,
Erkannte die Stimme sogleich, konnt‘ der Erscheinung trauen.
Einer Lilie gleich unter Disteln geboren,
Blüht sie prachtvoll und bleibt doch fröhlich ungeschoren.

An der Hand nehm‘ ich sie, da weurden wir empor gehoben,
In andere Sphären wollten wir erproben.
`Was ist dies Licht, was ist diese gleißende Helle?
Unwürdig steh‘n ‚ wir vor der goldnen Schwelle,
Die allein ins ewig Göttliche führt,
Und dem Heiligen allein gebührt.´

Entsprang es meinen Lippen in Verwunderung,
Fand nichts Ähnliches in der Erinnerung.
Meine Liebste lächelte mir wissend zu,
Und um uns herum herrschte erhabene Ruh‘.
Durchdrungen von innigstem Wunsche ergriff ich sie,
Sprach Worte, die vormals kamen aus meinem Munde nie:

`Dein Gesicht lass mich sehen, deine Stimme hören,
Dich mit süßesten Worten ich möchte beschwören.
Doch ist das einzig‘ Bestreben meiner nur,
Zu erfahren was deine wahre Natur.
Nichts Höheres gibt‘s im Weltgetriebe
Als das göttliche Geschenk der Liebe!´

Das Licht der lieben Sonne traf meine Augen,
Mocht‘ aus der Erscheinung mich erwecken taugen.
Ich erblickte, in liebreizendster Pracht
Meine Liebste, die bei mir hat gewacht.