Dienstag, 2. März 2010

Gedichte I

Stolz und Nicht-Stolz

Ich bin nicht besser als die anderen.
Ich bin nicht schlechter als die anderen.
Ich bin nicht gleich als die anderen.
Ich bin die anderen!


Zwei und doch eins

Ich bin meiner Liebsten Vater.
Sie ist meine Tochter.
Ich bin meiner Liebsten Sohn.
Sie ist meine Mutter.
Tag für Tag bedingen wir uns wechselseitig,
Ohne von einander abhängig zu sein.


Polarität

Du strebst nach weiß und erntest schwarz,
Gierst du nach dem Dunklen wird’s die Helle.
Es klebt an dir wie frisches Harz,
Des Antipoden erlegte Felle.
Hast du beides offnen Auges überwunden,
So dann sind dir die Extreme erst entschwunden.



Wiederauferstehung

Am Ende des bitterkalten Winters dann,
Wenn der letzte Schnee vergeht in der Sonne,
Die Natur von neuem schickt sich an zu erstehen,
Ein warmer Wind, der mag mir ins Gesicht dann wehen.
Und ich sehe dann voller eitler Wonne,
Junges neues Lebensglück löset den Bann.

Ach wie oft sah ich dies schon,
Dies wilde stürmisch’ Treiben in der gequälten Seele.
Und jedes Mal, wenn ich so vor mich hingedacht,
Hat mich der Teufel doch am Ende ausgelacht.
Denn wen er zu fassen kriegt, dem will er an die Kehle,
Will das ihm erbracht wird Fron.

Dies bedenkend stehe ich vor dem neuen Schauspiel,
Mein Geist ist achtsam nun zu jeder Zeit,
Erwartet weder gut noch böse,
So erkennt er, was mich erlöse.
Das Herz ist gefüllt und dehnt sich ganz weit,
Erfährt nun alles, tief im Wasser schwimmet der Kiel.


In Afrika

In den Zeiten als das Pferd noch regierte auf allen Pfaden,
Kam ein Mann nach Afrika über Aden.
Ihn trieb das Schicksal weg von seines Vaters Lande,
Geschlagen ward er dort in Acht und Banne.
So traf er ein in des schwarzen Mannes Territorium,
Ohne viel Tanz und Brimborium.

Er schoss den Leu und auch den Elefanten,
Giraffe, Gnu und alle Anverwandten.
Die Haut wurd’ braun, das Haar fast kraus,
Sah bald selbst wie der Buschmann aus.
Doch am Ende erlegt er seine beste Beute:
Das Weib, das von da an, an seiner Seite.


Geschäftigkeit

Es ist von alters her dem Jägersmann bekannt,
Wer alle Hasen jagt, der hat sich bald verrannt!
Wenn alles wichtig ist und brennt,
Bald keiner mehr die Wahrheit kennt.
Beschäftigt ist einer unentwegt,
Auch wenn keine Felle man erlegt.

Und deshalb erkennt auch keiner gern,
Dass solch ein Streben dem Fleiße fern.
So sieht man heut’ in Wirtschaft und Politik,
Angstvolle Geschäftigkeit, weil’s ist so chic.
Doch wer, frag’ ich, soll denn das dereinst bezahlen,
Wenn der Fleißige verweigert sich den Qualen?



Der Maurische Garten

Ich bin der Garten, in dem tausend süße Blüten steh’n,
Indem all’s Gewesene und Kommende muss vergeh’n.
In mir hat so mancher seine Liebe sehnlich gefunden,
Der ist der Welt von Schwert und Scheffelmaß entschwunden.
Am Brunnen, welcher umringt von ebenmäßigen Leu’n,
Trank er vom Quell der Weisheit ohne sich zu scheu’n.

Ich sah einst Prinzen durch mich lustwandeln gern,
Die aus West und Ost und Orten, die gar fern,
Kamen um hier zu vergessen all den Weltenschmerz.
Erfüllt’ hab’ ich mit neuer Kraft ihr gequältes Herz.
Unter meinen Akazienhainen träumte der Dichter manchen Traum,
Flüsterte sanft ihm Verse ein, die erklangen im weiten Weltenraum.

Ich war dabei, als der Halbmond stieg bis zum Firmament,
Und hinterließ ein gar viel umstrittenes Testament.
Ich sah das Kreuz erstehen auf dem höchsten meiner Türme.
Der Maure überlebte nicht der Geschichte Stürme.
In mir fand der gute Columbus letzten Rat,
Und die Kraft, die ihn ließ schreiten zu seiner Tat.

Als Toledo fiel, da stand ich noch in voller Blüte,
Die Omajjaden sanken mit traurigem Gemüte.
Die Nasriden liebten mich und sorgten wohl,
Zum Dank schenkt’ ich ihnen gerüttelte Maß’ voll.
Zu neuen Höhn schwang sich empor stark wie eine Eich’,
Des Mauren üppig prosperierendes Königreich.

Die Rote Burg am Fuße der weißen Berge,
Schützt mich vor allem, was mich gerne verderbe.
Alle Zeiten sah ich kommen und gehen,
Herrscher aller Farben mussten vergehen.
Noch immer leb’n und gedeih’n in mir wunderbar.
Die alten duftenden Blüten von Cordoba.


Zeit

Qualität oder Quantität,
Die Zeit sie kennet früh und spät.
Doch kennt dies Zeitalter nur noch die Menge,
Die Güte ist fern, es zählt nur die Länge.

Einst im alten Griechenlande,
Schlug man den Prasser in Bande.
Alles hat seine Zeit und vieles muss erst werden,
So wussten die weisen Alten es hier auf Erden.

Wohltuend ist für den Menschen die Wende,
Wenn des Chronos Tyrannei hat ein Ende,
Wenn Kairos regiert mit Geschick,
Von Augenblick zu Augenblick!



Hellas

Im Land des Sokrates und Platon,
Verschärfte sich der Gesellschaftston.
Geld schien auf Bäumen nur zu wachsen,
Mit Brüssel trieb man gerne Faxen.

Und dennoch vergisst die Welt der hohen Finanzen,
Der Gemeinschaft ergeben sich noch andere Chancen.
Das Fundament ist mehr, es umfasst auch das Geistesleben.
Das sollte stets bedacht werden, bei allem emsig’ Streben.



Die Brücke

Einstmals lebten Mensch und Quelle in Harmonie,
Dann trat heran was fortan leidvoll störte sie.
Es entstand folglich ein tiefer, weiter Graben,
So sollte der Mensch auf ewig nun verzagen.

Doch wurde ihm zuteil heilvolle Gnade,
Auf dass er am Ende nehme kein’ Schade’.
Rettend’ Botschaft sollt’ von nun an in der Welt sein,
Die Brücke, die führt über den Graben allein.

Nun liegt’s am Gebrauch des freien Willens eines jeden,
Wer sieht und hört, nehme an den unverdienten Segen.
Lasse der Quelle Sohn dein fortan Meister sein,
Bleib’ im Wort und tritt durch die enge Pforte ein.

1 Kommentar:

  1. Jennifer Raputari7. März 2010 um 17:48

    Wunderschön, ich bin direkt dahingeschmolzen, besonders bei "Zwei und doch eins"! Ich habe bisher noch nie Zeilen gelesen, die ausdrücken konnten, was ich in meinem Innersten immer als das Ideal ansehen konnte. Liebe heißt nicht die Aufgabe der Freiheit. Toll!

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