Dienstag, 31. August 2010

Gedichte VI.

Schöpferkraft

Ich gedachte dir mit Gewalt beizukommen,
Wollte dich in Bande schlagen.
Und vermeinte so dich tunlichst zu bewegen!
Doch hast du so niemals `nen Fels erklommen,
Noch dich in neues zu wagen
Getraut. So bliebst du fern den fruchtbaren Wegen.

Trieb ich dich unbarmherzig durch alle Welt
Und legte dir der Zeit strenges Korsett an,
So musst’ ich darben und alles schien einerlei.
An langer Leine ließ ich dich für viel Geld,
Auf dass treffend’ Worte brechen sich die Bahn.
Nun seh’ ich. Das Werk gelingt nur, wenn du bist frei!


Glauben und Unglauben

Wer hat denn je Gott geliebt, der seines Leibes Vater hasst?
Der Vater, der mangelhaft, von zweifelhaftem Charakter ist,
Hat allzu oft als Sohn einen, der bekennt sich als Atheist.
So hat dieser des Widerwillens volles Maß ausgefasst.
Und fragt einer noch wieso und warum,
Der sei nun nicht mehr unverständig dumm.
Glauben oder Unglauben sind wie zwei Geschwister,
Die sich oft den Tod anwünschen, wie wilde Biester.
Der Ursprung liegt in derselben Quelle,
Beide schwimmen auf der starken Welle
Der Seelennot, sie erzwingt die Geistesposition,
Ob pro oder contra, das richtet sich daraus schon.


Was sagte man im Sachsenland?

Was sagte man im Sachsenland,
Als August Herzog sich edel fand?
In Polen als König er ward gekrönt,
Und von den seinen beschenkt und verwöhnt.

Der August, der August,
Der macht sich manche Lust,
Hat fast dreihundert Kinderlein,
Die leben im Königreich fein.

Auf Dresdens prächtig’ Straßen,
Die gingen und die saßen,
Und tranken aus Meißnerporzellan,
Die dachte alle nur daran:

Der August, der August,
Der macht sich manche Lust,
Hat fast dreihundert Kinderlein,
Die leben im Königreich fein.

Hoch soll er leben, der gute Herzog,
Der stets gerne durch seine Lande zog.
Verschaff’ uns was von deinem Glücke,
Damit auch ich mich hier entzücke!


Angst und Gier

Die Begierde treibt’s nach oben,
Die Angst stürzt es in den Abgrund hinab.
Des Charismas Ruf sie loben,
Doch führt er alleine ins finstere Grab.
Fern von beidem allein, kann das Werk gelingen,
Es hilft hier nur, was mag aus dem Inn’ren dringen.


Klares Wasser

Immerzu sah ich ihn wabbeln,
Mit allen Zweifeln anbandeln.
Treibt es wild und macht das Wasser trüb,
Schlug noch so manchen heftigen Hieb.
Dann als der Spiegel konnt’ nichts mehr reflektieren,
Musste doch was anderes ich ausprobieren.

Ich trat ans glitschig’ Ufer heran,
Biss heftig auf meinen starken Zahn.
Ließ vorbeigehen den Strom ohn’ mich darin zu verlieren,
Konnte noch so heftig toben und mir ins Antlitz stieren.
Dann endlich war es vorbei,
Ruhe allein, nur das sei!


Projektion

Du siehst sogleich, was dir missfällt in der Welt,
Beim Nachbarn lässt du nur wenig sein.
Man schaut, wie der andere mach sein liebes Geld.
Und hält sich selbst für moralisch rein.
Junge, was du siehst, da mit deinen Augen,
Zeigt nur deine eignen verfaulten Trauben.


Streben

Ergeben allem hohen Streben,
Muss ich gestehen, konnte es nicht sein.
Am Schicksal soll man munter weben,
Sei das Gewebe nur möglichst rein.
Am Ende sieht man erst, was man hat erschaffen,
Die Nachwelt hat dann genüsslich was zu gaffen.


Russische Dichtung

Tolstoj oder Dostojewskij,
Gogol oder doch der Puschikin.
Das Zeitalter, das ist längst vorbei,
Und Russland scheint es auch einerlei.
So steht es den Menschen heut im Sinn,
Trinke Wodka nur, nicht Whiskey.



Nasser Sommer

Ist der Sommer nicht sehr sonnig,
Fühlt der Geist sich nicht so wonnig.
Regnet’s dann grauselig im August,
Vergeht uns die Unternehmungslust.
Hoffe auf den schönen Herbst allein,
Der kann auch noch recht erbaulich sein.


Schuldkindliches Lernen

Das Kind es lernt das rechte schöne Schreiben,
Das Lesen und auch die Mathematik.
Doch wo bleibt dabei die Kritik?
Was gar gegen die Politik?
Sollte es lernen nicht auch die Skeptik?
Denn vieles, was gelehrt, ist kaum zu leiden.

Belohnt wird, was brav und sittsam sich gebärdet,
Auch wenn es einst sein eigen Wohl damit gefährdet.
Wissenschaftlich Methodik, freies Denken,
Ferne von der Autorität und alten Tradition,
Ohne Politik, Philosophie und Religion.
Das sollte uns einmal Erfüllung schenken.

Und denkt man, ich hätte zu allem zweierlei Position,
Erhielte aus allerlei sprudelnden Quellen meinen Lohn,
So kann ich darauf nur munter erwidern,
Nichts wird je gut vom leidlich Anbiedern.
Die Vernunft, nicht der Verstand hilft uns hinweg,
Über jahrhundertealten zähen Dreck!

Schieb hinfort, was angehäuft und ungeprüft gut geheißen,
Was Generationen von der Welt mochte wegzureißen.
Schau nur hin und traue deinen Sinnen,
Die Zeit mag zwar allzu schnell verrinnen,
Doch schärfst du deinen eignen Geist allein,
Kannst du ein wahrlich frei von allem sein!

Freitag, 13. August 2010

Jagdunfall

Einst regierte ein König, den man „den Guten“ hieß,
Nicht weil er die Gerechtigkeit gerne walten ließ,
Nein; Da er der Kirche war sehr zugetan,
Und stets auf des Reiches Wohle kräftig sann,
So hat er im Irdschen ein günstig’ Netz gewoben
Und erwarb dazu noch viel Segen von oben.

Dieser Frankenkönig, der war Dagobert,
Der fand’s eines Tages der Mühe wert,
Übern Bodensee an den Alpenrhein zu reisen,
Zur Inspektion, um, wenn nötig, zurechtzuweisen.
Denn gab man den Dienstleuten auch die örtlich’ Verwaltung,
So tut Not doch die Aufsicht mit Blick auf die Entfaltung.

Dagobert dacht’ sich es wär’ ein guter Plan,
Wenn Sigisbert, sein Sohn, auch Mal zeigen kann,
Dass er einst wird regieren gut das Erbe,
Und das Land er schützt und es nicht verderbe.
So begleitet der Jüngling seinen Vater,
Mitsamt Gefolgschaft und persönlich’ Berater.

Was Dagobert am Rheine sieht,
Das erfreut sein innig’ Gemüt.
Brav und tüchtig ist das Volk hier,
Des Reiches gar prächtigste Zier.
So beschließt der König noch zu bleiben,
Mit der Jagd sich die Zeit zu vertreiben.

Auch Sigisbert soll sich reichlich ergetzen,
Und so manchen Eber tödlich verletzen.
In wilder Jagdlaune verfolgt er toll das Borstenvieh,
Durchs Unterholz, er wähnt es entkäme ihm nie!
Doch es tritt ein das große Unglück bald,
Dass der Prinz findet sich in dichtem Wald.

Und das Ross, es scheut vor der wilden Sau empor,
Wirft ab den Reiter, läuft wohin es war zuvor.
Der Prinz hängt am Lederriemen, der Kopf auf der Erd,
Über Stock und Stein schleift ihn das erschrockene Pferd.
Als man fand ihn nach jener Tortur,
Ist vom Leben in ihm keine Spur.

In tiefster Trauer um sein geliebtes Kind,
Eilt Dagobert zu einem Klausner geschwind,
Welcher gilt als heiliger Mann,
Und manch’ Wunder vollbringen kann.
Dieser, Arbogast, kommt und sieht den Toten,
Zu Leben war dem Prinzen nun geboten.

Und siehe da, es ward vollbracht,
Der Prinz blinzelt, steht auf ganz sacht.
Wie war des Vaters Dankbarkeit da übergroß?
Der Frankenkönig faltet die Hände im Schoß.
Bedacht wurde zu Rankweil ein lieb’ Kirchelein,
St. Peter, welches steht bis heute darein.